„Hervorragende Konzerte! Bin von der Auswahl und der Qualität begeistert!“ Volker Dohm aus Aachen, selber Mitglied eines Amateurstreichquartetts hat seinen Urlaub auf diesen Termin gelegt. Er ist zum ersten Mal in St. Peter-Ording und extra wegen der ersten Westküsten-Kammermusiktage angereist. Für ihn hat sich die Qualität der Konzerte von Abend zu Abend und zum Sonntagmorgen hin gesteigert. Besonders hat ihm, aber offensichtlich auch den anderen Zuhörern bei der Abschlussmatinée das vierte Streichquartett des Ungarn Bela Bartok gefallen. Schon in der Ankündigung als „virtuoser Höhepunkt der Matinée bezeichnet, gelang dem Jacob-Stainer-Ensemble, bestehend aus Solisten der Sächsischen Staatskapelle und der Philharmonie Dresden, ein furioser, Emotionen wachrufender, technisch brillanter Auftritt. Er riss das Publikum zu lang anhaltendem, begeistertem Applaus hin. In dem vorab von dem kenntnisreichen Journalisten Marek Kalina geführten Gespräch mit den Künstlern, wurde schon deutlich, für wie schwierig dieses Streichquartett gehalten wurde. Christina Biwank, Solobratschistin, bezeichnete die Bartok Musik als „eng aneinandergesetzt“. Dadurch können schnell falsche Akkorde gesetzt sein und die höre man. Und – „die Taktstriche haben da einfach nichts verloren! Man müsse vielmehr ins von Bartok nachempfundene Ungarisch-Musikalische eintauchen.“ Dies gelang dem Ensemble mit Henrik Woll und Paige Kearl, Violine, Christina Biwank , Viola und Simon Kalbhenn, Violoncello, ohne Zweifel genauso wie das „Allegro assai“ des Quartettsatzes c-Moll des Opus posthum von Franz Schubert, das gleich zu Beginn klanglich schon fast orchestral, mit seinen zum Teil vertrauten Melodien sowie seiner Dramatik dennoch geschlossen wirkte. Aus dem Quartett wurde mit der zweiten Bratsche, Holger Grohs, ein Quintett, das zum Schluss das Streichquintett g-Moll KV 516 von Amadeus Mozart spielte. Ein krönender Abschluss!

Die gute Akustik im Dünenhus trug zum Gelingen bei, wie es auch schon die Premiere am Freitagabend zeigte. Die Mezzo-Sporanistin Katharina Kammerloher bezeichnete sich im Vorgespräch, das Marek Kalina in eleganter Weise mit den Künstlern führte, als nahezu fünfte Stimme des Tilia-Quartetts bei den Liedern von Hugo Wolf. Diese hatte Xaver Thoma, Komponist zeitgenössischer Musik, Bratschist und Musikpädagoge eigens für Streichquartett und Sopran bearbeitet. Mit ihrer angenehmen, raumfüllenden, klaren Stimme begeisterte Katharina Kammerloher im fein abgestimmten Zusammenspiel mit den Instrumenten die Zuhörer, besonders auch beim lyrischen Poemetto für Mezzosopran und Streichquartett von Respighi, das sie mit italienischem Text sang. Die Italienische Serenade für Streichquartett von Hugo Wolf, der wie Marek Kalina anmerkte, Italien so gut kannte, wie Karl May Amerika, wirkte in Teilen leicht tänzerisch und melodiös, erinnerte an eine Sehnsucht nach dem Süden. Das exzellente Spiel des Tilia-Quartetts zeigte sich auch beim heiteren, irgendwie aber auch melancholischem Streichquartett in e-Moll von Guiseppe Verdi mit seinem furiosen Schluss. Die begeisterten Zuhörer ließen die Musiker und die Sängerin nicht ohne Zugabe von der Bühne. „Das war Musik vom Allerfeinsten!“ meinte Werner Domann, Veranstaltungsleiter der Tourismuszentrale und erhielt Unterstützung durch Hans-Jürgen Krähe, ehemaliger Studiendirektor am hiesigen Gymnasium:“Wie haben Sie nur diese Musiker hergeholt? Ich finde das großartig! Danke!“

Genau so begeistert waren auch am Sonnabend Gudrun und Detlef Mahrenholz aus Karlsruhe, die am Tag zuvor angereist waren. Als Musiklehrer und Musikerin hatte sie die Ankündigung der Westküsten-Kammermusiktage neugierig gemacht. Den Kirchenraum fanden sie schön und von der Akustik her sehr gut. Nach dem Streichquartett Opus 77 von Antonín Dvorák, gespielt vom Fabergé-Quintett, beschrieben sie das Gehörte mit: „Traumhaft!“ Rodrigo Reichel und Frauke Kuhlmann, Violine, Gerhard Sibbing, Viola, Sven Forsberg, Violoncello und Peter Schmidt, Kontrabass, erweckten den Eindruck, ein ganzes Orchester spiele in der Kirche. Der Kontrabass brachte dabei kraftvolle, rhythmische Akzente, Übergänge waren klar und rein und das „Allegro Assai“ wurde furios gespielt. Bei dem Vorgespräch wurde gefragt, warum das Quintett den Namen Fabergé gewählt habe, der doch mit Musik wenig zu tun habe, schließlich war Peter Carl Fabergé, ein russischer Goldschmied und Juwelier, der durch seine überaus kunstvollen und opulenten Schmuckstücke, insbesondere die sogenannten Fabergé-Eier Berühmtheit erlangte. Die Antwort: Sie hegten die Hoffnung, ebenfalls wertvolle Stücke kunstvoll zu spielen. Dass ihnen das an diesem Abend gelang, bewies auch das Klavierquintett in c-Moll von Ralph Vaughan Williams (1872-1958). Das raumfüllende Klavierspiel von Yoko Kikuchi, sanft untermalt und begleitet durch die Streicher, konnte das Publikum überzeugen. Yoko Kikuchi, 1977 in Japan geboren, studierte in Italien, erlangte 2003 ihr Master-Diplom, spielte in zahlreichen Orchestern der Welt und nahm an mehreren Musikfestivals teil. Das Publikum bedankte sich bei dem Quintett mit viel Beifall. Die Musiker bedankten sich ihrerseits mit dem heiteren „Forellenquintett“ von Franz Schubert, seinem einzigen Klavierquintett, als Zugabe mit der unüblichen, aber an diesem Abend normalen Besetzung von Pianoforte, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass.

Fazit von Veranstaltungsleiter Werner Domann: Eine Fortführung der Westküsten-Kammermusiktage im nächsten Jahr könne er sich vorstellen. Die Kirche sowieso, aber auch das Dünenhus hätten sich als Räume für klassische Musik bewährt, und die Qualität der Konzerte habe ihn begeistert.