JB-2014: Historische Modelleisenbahnanlage in SPO
Im „Donnerbüchsenzug“ zur Arbeit
27. September 2014, hjr
Weichenlaternen weisen den Besuchern des Gemeindezentrums der ev. Kirchengemeinde den Weg zur historischen Modelleisenbahnanlage der Spur null von Märklin im Maßstab 1:45 aus der Frühzeit des Modellbaus. Der Rendsburger „Förderverein zur Erhaltung technischen Kulturgutes e.V.“ hatte dort in St. Peter-Ording die Anlage am letzten Septemberwochenende aufgebaut und zum „Mitspielen“ eingeladen. Die NOSPA und der Verein IG St. Peter-Dorf brachten sich als Sponsoren ein.
Die Rheinuferbahn Köln-Bonn fährt gerade vorbei. Auf einem anderen Streckenabschnitt transportiert eine E-Lok auf Flachgüterwagen Dreirad-Lieferfahrzeuge der Marke „Tempo“. Die „Paris-Lyon-Marseille-Bahn“ (auch als PLM-Zug bezeichnet) mit einer Gotthard-Lok rauscht durch einen Tunnel. Ein Tankwagenzug mit der Lok „Krokodil“ der Schweizer Bahn wartet auf Weiterfahrt. Im so genannten „Donnerbüchsenzug“ mit einem Gepäck- und vier Durchgangswagen, die jeder für sich nur von außen über eine Freitreppe betreten werden konnten und gezogen von einer Tender-Lok, sind Arbeiter in der Lausitz zum Braunkohletagebau unterwegs. Auf einem Bahnhof halten zwei Züge. Die Fahrgäste können umsteigen und endlich weiterfahren. Doch da heißt es von einem der vier Stellwerke an den Ecken der 30 Quadratmeter Fläche einnehmenden Anlage von „Eisenbahnvorstandschef“ Wilhelm Seehase: „Augenblick, wir haben eine Signalpanne!“ Und von einem anderen Stellwerk: „Aber der Süd-Express kommt raus.“ Es rumst! „Ihr wart zu schnell!- Moment, bitte warte, Wilko!“ Damit meinte er den Stellwerker Wilko Schierhorn.
Mit Heinrich Möller und Cay-Ronald Klein – alle vier kommen aus Rendsburg – hatten sie am Abend zuvor die Anlage aufgebaut. Aus St. Peter-Ording halfen ihnen dabei Dr. Dieter Undeutsch und Ulrich Reuter sowie der 14jährige Tjade Kloth. Küster Lorenz Clausen war stets hilfreich zur Stelle. Wegen einer langwierigen Kurzschluss-Suche waren die grauhaarigen Eisenbahnspieler, aber vom Berufsstand her keine Eisenbahnpensionäre, im Alter von 70 an aufwärts bis 85 Jahre bis 1:00 Uhr nachts vorher beschäftigt gewesen. Jürgen Rohloff aus Niebüll stieß am nächsten Morgen dazu. In seiner Hand liegt die Planung der Gleisanlagen. Deswegen ist er der „technische Beamte“ im „Club“.
Alle sind sie aktive Modelleisenbahnspieler und haben sich so auch gefunden. Nach 15 Jahren Spieltätigkeit seit 1974 und Vorführungen seit 1984 in Gemeindezentren und Kliniken sowie sozialen Einrichtungen haben sie 1989 den Verein vor allem aus versicherungsrechtlichen Erwägungen gegründet. Zweck und Auftrag des Vereins ist, die Modelleisenbahnen als technisches Kulturgut im Betrieb zu zeigen. „Die Sache hat nur dann einen Wert, wenn sie gefahren wird“, sagt der 85jährige Seehase. 1935 bekam er seine erste Eisenbahn. Der Freundeskreis reicht bundesweit. Depots für die Anlagen hat der Verein nicht nur in Rendsburg, auch in Bergedorf und Chemnitz und sogar in Bayern. Nächstes Wochenende fährt die Modellbahn in Fridingen an der Donau und im Oktober in den Husumer Werkstätten. Das Jahr über sind die „Eisenbahner“ 12 bis 15 Wochenenden unterwegs. „Personal“, das Zeit zum Spielen und Fahren sowie zum Auf- und Abbau hat, wird stets gesucht.
Sehr zufrieden war man mit dem Besuch im Gemeindezentrum. Manchmal war es sogar richtig voll, besonders nach dem Gottesdienst am Sonntag. Pastorin Regine Boysen hatte auch extra einen Hinweis gegeben. Einige waren sogar an beiden Tagen zum „Mitspielen“ da. Der 9jährige Aaron bediente ein Stellwerk. Am Vortag hatte er mit großen Augen zu seinem Vater gesagt:“Wir müssen deine Modelleisenbahn auch mal wieder aufbauen.“ Für kleine und große Modelleisenbahnfans war es ein Vergnügen und ein Erzählen. Erinnerungen wurden wach, hatten doch die meisten der Älteren selber eine. Jürgen Rohloff konnte es nicht lassen und legte sein Ohr aufs Gleis: „Ich höre doch nur, ob ein Zug kommt!“
Hinweis für alle Modelleisenbahnfreunde und vor allem „Kinder“ jeden Alters: Am dritten Oktoberwochenende fahren die Züge in den Husumer Werkstätten. Zuschauen und sogar Mitspielen kann und darf man. Nebenbei gibt es ganz viele Eisenbahngeschichten zu hören.