Spannende Geschichtsstunde über die Gründungsväter Europas
Ricus: „Sehr gut erklärt!“ Martin: „Nicht langweilig!“ Jasper: „Gute mediale Unterstützung!“ Kurz und knapp haben die drei Schüler der Nordseeschule es auf den Punkt gebracht: Hier wurde ein geschichtliches Thema kurzweilig mit Unterstützung von Bildern, Filmen und Dokumenten engagiert vorgetragen.
Diplom Politologe Ingo Espenschied hielt auf Initiative des Ministeriums für Bildung und Kultur seinen zweiten multimedialen Vortrag an Schleswig-Holsteins Europaschulen über die Gründungsväter Europas. Oberstudienrätin Marion Wolf hatte die Oberstufe und alle zehnten Klassen eingeladen und begrüßte den Vortragenden herzlich. Ingo Espenschied studierte in Mainz, an der Sorbonne und an der London School of Economics. Seine Diplomarbeit schrieb er über die deutsch-französische Gipfeldiplomatie seit 1963. Er zeigte sich als ein exzellenter Kenner der Deutsch - Französischen Beziehungen.
„Als ich meinem Großvater erzählte, dass ich in Paris studieren werde, meinte der erstaunt: „Bei unseren früheren Erzfeinden?“ Espenschied versuchte den jugendlichen Zuhörern deutlich zu machen, wie sehr sich die Beziehung zwischen Frankreich und Deutschland in den letzten Jahrhunderten verändert hat. Informativ und anschaulich schilderte er in freiem Vortrag, von einprägsamen Bildern unterstützt, die frühe Geschichte Europas. Von Karl dem Großen, der Revolution in Frankreich, den Kriegen Napoleons bis hin zum deutsch-französischen Krieg 1871 , der deutschen Reichsgründung in Versailles sowie den beiden Weltkriegen.
Der Europagedanke, schon nach dem ersten Weltkrieg bei Briand und Stresemann angeklungen, wurde nach dem zweiten Weltkrieg erneut aufgegriffen. Unter Vorsitz von Winston Churchill gelang 1948 auf dem Haager Europakongress die entscheidende Weichenstellung für die Gründung der Europäischen Bewegung. Als deutscher Teilnehmer war auch Konrad Adenauer dabei. Espenschied stellte die Lebensläufe von Schuman, Adenauer und Monnet gegenüber, die 1950 entscheidende politische Positionen inne hatten.
Deutschland erholte sich mit der Währungsreform und dem Marshallplan wirtschaftlich rascher als erwartet. Frankreich schaute besorgt auf das Wiedererstarken der Kohle- und Stahlproduktion in Deutschland, ein Wirtschaftszweig, der für die Kriegsführung äußerst wichtig war. Jean Monnet entwickelte als Leiter des französischen Planungsamtes für die französische Wirtschaft die Idee, die westeuropäische Montanindustrie (Kohlebergbau, Eisen- und Stahlindustrie) zusammenzuschließen unter Einbeziehung des bisherigen Feindstaats Deutschland. Eine Hohe Behörde sollte gemeinsame Regeln für alle Mitgliedstaaten treffen. Er hatte erkannt, dass die Länder Europas zu klein waren, um ihren Völkern Wohlstand zu sichern. Dafür brauchte es größere Märkte. Und: Wer miteinander handelt und Geschäfte betreibt, will Frieden halten.
Das Gelingen dieses Planes schilderte Ingo Espenschied dann wie einen Politkrimi, denn der Plan sollte nicht vorher zerredet werden und man wusste, dass die Beschränkung der deutschen Kohle- und Stahlindustrie aufgehoben werden würde. Der französische Außenminister Robert Schuman informierte am 8. Mai 1950 Bundeskanzler Konrad Adenauer über den Plan, den er am 9. Mai vor der Presse bekannt gab. Adenauer setzte handschriftlich unter seine kurz gehaltene Zustimmung: „Ich werde glücklich sein, wenn diese von mir seit 1925 verfolgten Gedanken zur Wirklichkeit werden.“ Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS, auch Montanunion genannt) war ein europäischer Wirtschaftsverband und ein Vorläufer der Europäischen Gemeinschaft. Damit war sie die erste supranationale Organisation mit den Staaten Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande.
Ingo Espenschied ist es mit seinem hervorragend multimedial unterstützten Vortrag exzellent gelungen, bei den derzeitigen wirtschaftspolitischen Irritationen beim Krisenmanagement um den Euro ein eindeutiges Bekenntnis für Europa abzugeben und zugleich anhand der drei politischen Gründungsväter Schuman, Monnet und Adenauer geschichtliches Bewusstsein zu fördern.