Nachhaltiger Konzertabend für Violine, Orgel und Cembalo
31. August 2014 (hjr)

Hermann Hesse aus „Der Geiger“ (1899)
Ich habe nichts mehr zu sagen,
Ich habe alles gesagt.
Nun will ich klingend zum letzten Takt
Meine gute Geige zerschlagen.

Zerschlagen – und wandern wieder
Ins Land, woher ich kam,
Wo ich in Jugendtagen vernahm
Den Traum vom Lied der Lieder.

Ihn träumen will ich wieder
Abseits und allein –
Es muss voll tiefen Friedens sein
Der Traum vom Lied der Lieder.

Von diesem anspruchsvollen besonderen Konzert mit Wolfgang Kohlhaußen an der Violine und Christoph Jensen an Orgel und Cembalo in der St. Peter-Kirche blieb wohl vor allem die Interpretation der Komposition von Wilfried Maria Danner (*1956) haften. Dieser hatte zum letzten Gedicht aus dem sechsteiligen Zyklus „Der Geiger“ von Hermann Hesse unter dem Titel „...voll tiefen Friedens...“ seine Komposition aus dem Jahre 2010 dazu mit „Momentaufnahmen, Szenen und Fragmente“ für Violine solo benannt. Hesse zeigt in diesem Zyklus die fortschreitende Ernüchterung eines einst vom Geigenspiel verzückten Virtuosen über den Wert seiner Kunst sprachlich verdichtet auf.

JB-2014:Wolfgang Kohlhaußen und Christoph Jensen

Platziert war dieses zeitgenössische Stück nach der Sonate A-Dur für Violine und Basso continuo von Georg-Philipp Telemann (1681-1767), der Sonate in G für Klavier (an diesem Abend Cembalo) und Violine KV 9 von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) und der Sonata VI a-moll für Cembalo von Friedrich Wilhelm Marpurg (1718-1795). Die Konzertbesucher lauschten nicht nur den Werken gerne, sondern ebenso dem Zusammenspiel der beiden Interpreten. Erstaunlich, wie das insbesondere Christoph Jensen gemeinsam mit den verschiedenen Gastmusikern gelingt. Das wurde an diesem Abend gleich in den ersten beiden Sonaten im Duo mit Wolfgang Kohlhaußen wieder einmal erlebbar.

Nach diesen Sonaten musste der Kontrast unweigerlich groß sein. Das wusste Wolfgang Kohlhaußen und stimmte das Publikum deswegen ernsthaft, aber durchaus humorvoll auf seinen musikalischen Vortrag ein. Entstanden sei das Stück auf seinen Wunsch hin. Mit Wilfried Maria Danner verbinde ihn die „gemeinsame Liebe für Hermann Hesse“. Zeitgenössische Musik sei immer schwierig, und Danner habe seiner Komposition auch eine längere Exposition voran gestellt. Das Werk habe fünf Teile: Zuerst „Aus dem Nichts“, als zweites „Phantastico“, dann eine Canzonetta, selbst wiederum aus drei Teilen bestehend. Der vierte Teil nehme Bezug auf den Bach‘schen Choral „Komm süßer Tod“. Zuletzt hieße es dann „Völlig aus dem Nichts“.-


Mit großem Interesse wurde seine Interpretation nun erwartet und höchst konzentriert und angespannt versuchten die Zuhörer zu verstehen und zu hören, was und wie Danner diesen Text von Hesse musikalisch gesetzt hat und wie Kohlhaußen dieses dann auf seiner Geige umsetzte. Schon der Text lässt erahnen, dass hier Konflikte ausgetragen werden. Voller Konzentration widmete sich Wolfgang Kohlhaußen seiner Interpretation. Mal mit dem Bogen die Saiten kaum berührend, war doch ein Ton vernehmbar. Dann klang eine Melodie an, hörte abrupt auf. Kräftige Töne folgten.- Die Komposition stellt hohe Ansprüche sowohl an den Interpreten als auch an die Zuhörer. Dankbar für die Annahme des Werkes und den erwiesenen Beifall für die musikalische Darbietung, wandte sich Kohlhaußen, seine Geige und die Noten in der Hand, dem Publikum zu. Seine verinnerlichte Konzentration war noch spürbar.

Mit Praeludium und Fuge h-moll für Orgel BWV 544 von Johann Sebastian Bach (1685-1750) waren es dann, solo von Christoph Jensen vorgetragen, wieder gewohntere Klänge. Mit op. 150 „Drei Stücke für Violine und Orgel“ von Josef Gabriel Rheinberger (1839-1901) beschloss das Duo von der Orgelempore her diesen außergewöhnlichen Konzertabend.

Wolfgang Kohlhaußen (*1947 in Osnabrück) erhielt mit sechs Jahren seinen ersten Violinunterricht. Nach dem Studium bei Cyrill Kopatschka, Lukas David und Tibor Varga folgten Meisterkurse für Kammermusik bei Enrico Mainardi und für Orchesterleitung bei Bruno Maderna. Seine weitere geigerische Entwicklung wurde von Begegnungen und privaten Studien bei Ivri Gitlis geprägt. Es folgten Jahre ausgedehnter internationaler Konzertreisen als Mitglied des "Württembergischen Kammerorchesters" Heilbronn und des "Assmann-Quartetts" (Frankfurt). Dieses widmete sich besonders der zeitgenössischen Literatur. Rundfunkaufnahmen verschiedener Anstalten und CD-Einspielungen vieler Komponisten liegen vor. Seit 2000 wohnt Kohlhaußen in München. Neben seinen Konzerten ist er dort als Dozent für die "Kulturstiftung München" tätig. Zur Förderung des musikalischen Nachwuchses veranstaltet er in Schulen Gesprächskonzerte für Kinder.

Der Beifall für die beiden Musiker war groß, und ohne Zugabe ging es deswegen auch nicht. Manch Konzertbesucher suchte noch das Gespräch mit den Interpreten. Nur allmählich leerte sich die fast voll besetzt gewesene Kirche.