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Außergewöhnlicher Orgelmusikabend in der Kirche
22. August 2013, Hans Jörg Rickert (hjr)

Vom Verein zur Förderung und Pflege der Kirchenmusik in seinem Konzerteverzeichnis „Musik in der Kirche 2013“ als Orgelkonzert für Sonntag 18. August angekündigt, sollte es für die zahlreich gekommenen interessierten Zuhörerinnen und Zuhörer ein besonderer, ein außergewöhnlicher Abend werden. Zu Gehör kam die konzertante Improvisation „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“ für Orgel und Sprecher des tschechischen Komponisten Petr Eben (1929 – 2007) aus dem Jahre 2002. Es handelt sich um einen Zyklus auf ausgewählte Texte aus dem gleichnamigen Buch von Johann Amos Comenius (1592-1670). Diesem bekannten humanistischen Philosophen und Theologen verdanken wir mit der „Didactica Magna“, seiner „Großen Unterrichtslehre“, die Forderung nach einer elementaren Bildung für alle.-

Ganz still war es am Ende des Konzertes in der St. Peter-Kirche, als Hans-Jürgen Wulf – seit 2008 Landeskirchenmusikdirektor der Nordkirche im Sprengel Schleswig und Holstein sowie im Sprengel Hamburg und Lübeck – auf der Lobback-Orgel der St. Peter-Kirche den Epilog gespielt hatte und gerade der letzte Ton verklungen war. Im Gedächtnis waren noch der Prolog und die 12 Textpassagen wie „Die süßen Ketten der Liebe“ oder „Die trügerische Versprechung des goldenen Zeitalters“ mit den sich jeweils anschließenden Improvisationen von Petr Eben, vielleicht in den Köpfen auch noch die letzten Assoziationen zum „Gleichnis vom verlorenen Sohn“ im Neuen Testament, zu den Worten aus dem Comenius-Text „Ich irrte, aber du machtest, dass ich mich besann“ und zu dem Choral „O Lamm Gottes, unschuldig“, da vernahm ich ganz leise: „Sehr schön.“ – Erst etwas später setzte, verhalten und dann immer stärker werdend, der Beifall ein. Er galt dem Sprecher Christoph Jensen in der Kirche und später besonders Hans-Jürgen Wulf auf der Orgelempore.

KJB-2013: KMD Christoph Jensen

JB-2013:Hans-Jürgen Wulf – Landeskirchenmusidir.

JB-2013:Hans-Jürgen Wulf – Landeskirchenmusidir.

Petr Eben, eine der markantesten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Musik, hat sein Werk selbst so beschrieben: „Der Pilger, der das Labyrinth der Welt durchwandert, findet hier nichts Erfreuliches und wendet sich Gott in seinem Herzen zu. (...) In den Orgelimprovisationen zitiere ich Choräle aus dem Amsterdamer Cantional des Comenius; manchmal versuche ich, auf moderne Weise die dramatischen Passagen des Textes auszudrücken, wie zum Beispiel die Deformation der menschlichen Gesichter, das Sirren der Pfeile oder das Abrutschen vom Glücksrad der Fortuna. Die ganze Atmosphäre des Textes vermittelt keinen idyllischen Spaziergang durch die Welt, sondern einen bitteren, satirischen, bizarren und manchmal geradezu apokalyptischen Blick auf die Welt – und dies bestimmt auch den Charakter der Musik.“

Hans-Jürgen Wulf hat dies in seinem Orgelspiel im Sinne von Petr Eben excellent interpretiert. Aber die Musik war nicht nur bizarr oder bitter, es gab auch „schöne und heitere“ Passagen. Wer die Orgel als „Königin der Instrumente“ noch nicht erlebt hatte, in diesem Orgelkonzert war es die Gelegenheit dazu.- Ungesehen blieb sie, aber nicht unerwähnt sei Elisabeth Streichert, die zum richtigen Zeitpunkt die Noten umblätterte.

„Sehr schön.“ Das hatte Herbert Scharrer, Feriengast aus Nürnberg, am Ende des Konzertes zu seiner Frau gesagt, und er ergänzte es später so: „Dieses Konzert war etwas ganz Besonderes, noch nie Gehörtes, es war eine faszinierende Geschichte, und der Organist war vom Allerfeinsten.“