Fabelhafte Idee ...

2. WESTKÜSTEN-KAMMERMUSIKTAGE
vom 31. August bis 2. September 2012

Georg Panskus

Berliner Bläsertrio in der "Strandhütte"

Berliner Bläsertrio mit Küchenchef Axel Kirchner Sieben Meter über dem Meer: Fabian Schäfer,Oboe, Holger Straube, Fagott, und Tibor Reman, Klarinette.

Sieben Meter über dem Meer ...

Pünktlich um elf Uhr am Sonnabendvormittag zogen sich die Wolken zurück und die Sonne schien auf das Watt am Südstrand. Sieben Meter über dem Watt saßen erwartungsfreudige Gäste an den schön eingedeckten Tischen der „Strandhütte“ und konnten draußen einige Wattläufer und erste Surfer entdecken. Ehepaar Nikulla aus Hamm, Westfalen, war gerne gekommen und freute sich über die entspannte Atmosphäre. Eine Woche machen sie Urlaub in St. Peter-Ording. „Mein Mann hat mir das hier zu meinem fünfzigsten Geburtstag geschenkt!“ Michael Werner aus Hamburg hatte davon zufällig im Internet gelesen, fand die Idee, an unterschiedlichen Spielorten Konzerte zu geben, einfach „Klasse“. Obwohl die Sonne schien, war es bei mäßigem Wind zu kühl, um draußen die wunderbare Musik des Berliner Bläser-Trios und all die leckeren Speisen vom Küchenmeister Axel Kirchner zu genießen. Wunderbar aufeinander eingespielt präsentierten Fabian Schäfer, Oboe, Tibor Reman, Klarinette und Holger Straube, Fagott, virtuos Werke von Mozart, Trygve Madson, Victor Bruhns und Erwin Schulhoff. Mit den gedämpften Klängen des Fagotts, den hellen, perlenden Tönen der Oboe und der erfrischend aufspielenden Klarinette webten die Spitzenmusiker einen wunderbaren Klangteppich. Mit Assoziationen zu Fjorden oder dem direkt vor den Augen liegendem Wattenmeer beim norwegischen Komponisten Madson mit seinem heiteren, abrupten Schluss, dem ins Tänzerische gehenden dritten Satz von Bruhns und den Wohlbefinden erzeugenden Rhythmen Schulhoffs bis zu Mozarts heiteren, ins Ohr gehenden Melodien wurden die Gäste so richtig verwöhnt. Sie dankten es dem Trio mit reichlich Applaus.

Tilia-Quartett mit Tibor Reman

W. Domann (re) bedankt sich beim Tilia-Quartett und dem Klarinettisten Tibor Reman

Eröffnungskonzert

Zum Eröffnungskonzert der zweiten Westküsten-Kammermusiktage konnte Werner Domann, Marketingleiter der Tourismuszentrale, nicht so viele Besucher begrüßen, wie er sich das gewünscht hatte. Seine Enttäuschung war ihm anzumerken: „Vielleicht spricht sich das erst allmählich herum, wie toll diese Veranstaltungen sind. Wir werden durchhalten! Die dritten Kammermusiktage sind schon fest eingeplant!“

Die exquisite Leistung des anschließend aufspielenden Tilia-Quartetts aus Berlin mit Eva Römisch und Andreas Jentzsch, Violine, Wolfgang Hinzpeter, Viola, und Johanna Helm, Violoncello gaben ihm recht: Außergewöhnliche musikalische Darbietungen passen zu einem der größten Fremdenverkehrsorte Deutschlands!

Zu hören war das einzige Streichquartett in g- moll von Claude Debussy (1862-1918), das mit seinen für die damalige Zeit neue Harmonien, seinen rhythmischen Pizzicati im zweiten Satz, die dem Klang einer Flamencogitarre verblüffend ähneln, Musik mit schnellen Läufen und hoher Spannung darbot.

In Ergänzung dazu war das späte Werk von Johannes Brahms (1833-897), das Klarinettenquintett h-Moll op. 115, zu hören. Es war in etwa zeitgleich entstanden, ist von der Klangfarbe aber extrem unterschiedlich. Mit virtuos dargebotener Artikulationskunst beeindruckte Klarinettist Tibor Reman.

In der in lockerer Form gehaltenen Vorbesprechung fragte Professor Dr. Holger Noltze den Bratschisten Wolfgang Hinzpeter, wie man es schafft, so aufeinander zu achten, dass man zum Beispiel nicht zögerlich einsetzt? „Man muss lange trainieren, auf kleinste Momente der Körpersprache achten und üben, üben, üben!“

Talk zur Teezeit mit Prof. Dr. H. Noltze

Lockere, heitere Vorgespräche

Konzert in der Kirche

Am Samstagabend spielten Konstantin Sellheim, Viola, Katharina Sellheim, Klavier und Laszló Kuti, Klarinette, in der St. Peter-Kirche das „Kegelstatt-Trio“ von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) KV 498 für Klarinette in drei Sätzen sowie von Robert Schumann (1810-1856) die Märchenerzählungen op. 132 für Klarinette, Viola und Klavier in vier Sätzen. Es folgten von György Kurtág ( 1925-) die Hommage á R. Sch. Op. 15d für Klarinette, Viola und Klavier in sechs Sätzen und von Leó Weiner (1885-1960) die Ungarischen Volkstänze Nr. 1-3 (1941) für Klarinette oder Viola und Klavier in drei Sätzen und der Ungarische Tanz op. 40 sowie von Prokofjew (1891-1953) die Ouvertüre über hebräische Themen op.34 für Klarinette, Viola und Klavier.

Das Fabergé-Quintett

Fabergé Quintett

Abschlussmatinée

Am Sonntagvormittag war das Dünen-Hus nur schwach besetzt. Dennoch führte Professor Noltze wieder ein lockeres, heiteres Vorgespräch mit dem Bassisten Peter Schmidt und dem Cellisten Sven Forsberg, an dem das Publikum seine Freude hatte. Franz Schuberts (1797-1828) einziges Klavierquintett, als Forellenquintett bekannt, verlangt die unübliche Besetzung Pianoforte, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass. Dadurch dass der Bass manche Teile des Cellos übernimmt, werden dem Cello mehr singende, melodische Funktionen überlassen. Forsberg schmunzelnd: „Es sind keine ‚Handschellen‘ mehr da!“ Schmidt freute sich denn auch augenzwinkernd auf seinen „Solopart“ als Bassist im vierten Satz von Schuberts Forellenquintett.

Von Germann Goetz (1840-1874)brachte dann das Fabergé Quintett, Hamburg mit Julian Riem, Klavier, Rodrigo Reichel, Violine, Gerhard Sibbing, Viola, Sven Forsberg, Violoncello, und Peter Schmidt, Kontrabass das Klavierquintett c-moll op.16 (1874) in vier Sätzen zur Aufführung. Gut aufeinander abgestimmt, anfangs mit zarter Violine, dann zügig, kräftig, auch mal tänzerisch und mit melodienführendem Cello und Pizzicato, mit unterschiedlichen Tempi und furiosem Schluss forderten die Musiker den begeisterten Applaus der Zuhörer heraus. Man merkte dem Quintett an, dass sie auch selbst Freude an ihrem Zusammenspiel hatten und das übertrug sich auch auf das Publikum, das schon gespannt auf das jugendlich-frische ‘Forellenquintett’ von Franz Schubert (1797-1828) wartete. Den Beinamen erhielt es, weil Schubert ihm sein Lied ‚Die Forelle‘ als Thema zugrundelegte.

Von melancholisch-klagenden, dann wieder zupackend-munteren Teilen des ersten Satzes zur unbeschwerten Freude im Scherzo bis hin zu den Klängen des Schubert-Liedes von der launigen Forelle im vierten Satz spielte das Fabergé Quintett herrlich kraftvoll auf. Im Finale trumpften noch einmal das virtuos gespielte Klavier und die Streicher auf. Für den überaus langen Beifall bedankten sich die Musiker mit einer Zugabe.

Mein Kommentar

Meine Anmerkung/Kommentar

Die Idee ist hervorragend: In heiterer, lockerer Atmosphäre des Nordseebades an verschiedenen Spielstätten unterschiedliches kammermusikalisches Programm anbieten. Die Idee würde einem der größten Fremdenverkehrsorte Deutschlands gut tun. Wie Georg Werner Jensen, stellv. Bürgervorsteher, sagte: „Ein kleines Schleswig-Holstein Musik-Festival“

Wenn die Idee aber zu einem „Highlight“ werden soll, muss sie besser als bisher umgesetzt werden. Wenige Zuhörer kann man den Spitzen-Musikern nicht dauernd zumuten, dem Budget der Tourismuszentrale sicherlich auch nicht. Für die dritten Kammermusiktage hat sich Wolfgang Hinzpeter viel vorgenommen: Im Zeichen des Wagner-Jahres hat er Musiker des Bayreuther Festspielorchesters für St. Peter-Ording begeistern können!

Seitens der Tourismus-Zentrale muss dann aber noch viel unternommen werden, um dieses Projekt erfolgreich werden zu lassen. Schön wäre es, wenn Bürger St. Peter-Ording die TZ nicht alleine lassen, sondern mithelfen würden.