Eine mutige Frau!
Die Rede ist von Monika Krause-Fuchs, die in den siebziger und achtziger Jahren in Kuba über Sexualität und Empfängnisverhütung aufklärte.
Als Zeitzeugin war sie eingeladen, aus dem Bereich Lateinamerika zu berichten. Am 19.Januar hielt sie einen Vortrag vor der Oberstufe der Nordseeschule in St. Peter-Ording.

Mutig!
Eine mutige Frau ist Monika Krause-Fuchs! Sich als Ausländerin im Land des Machismo für Sexualerziehung und die Gleichberechtigung der Frau einzusetzen, das erforderte viel Kraft! Über diese, ihre besten („nicht schönsten!“) Jahre zwischen 1977 und 1990 - unter anderem als Direktorin des Nationalen Zentrums für Sexualerziehung in Kuba - , berichtete sie den Schülern der Oberstufe der Nordseeschule St. Peter-Ording. Die beiden Spanisch-Lehrerinnen, Marion Wolf und Maj-Britt Affrad, hatten sie als Zeitzeugin eingeladen.

Als Tabubrecherin wurde Monika Krause quasi über Nacht in Kuba berühmt, als „La Reina del condón“, die Königin des Kondoms. In Deutschland hatte die sexuelle Aufklärung (Oswald Kolle) Ende der sechziger bis Mitte der siebziger Jahre ihren Höhepunkt schon hinter sich. Ein kurzer Film, in dem sich ihre beiden Söhne auf Spurensuche zur Arbeit ihrer Mutter in Kuba begeben, leitete ihren Vortrag ein.

Die heute 70jährige lernte als Studentin der Lateinamerikanistik an der Uni Rostock 1961 „ihren“ spanischen Kapitän der kubanischen Handelsmarine , Jesús Jimenez, kennen. Trotz zahlreicher Steine, die ihr die damalige DDR – seit 13. August 1961 existierte in Berlin die Mauer - in den Weg legte, konnten sie 1962 heiraten.

Zur Erinnerung:

Anfang 1959 stürzten die kubanischen Revolutionäre unter der Führung der Brüder Fidel und Raúl Castro sowie Camilo Cienfuegos und dem Argentinier Ernesto Guevara, genannt Che, den kubanischen Diktator Fulgencio Batista und errichteten ab 1961 (Deklaration von Havanna) einen sozialistischen Staat.

Ihr Studium schloss Monika Fuchs nach zwei Babypausen und durch den Beruf ihres Mannes bedingte Auslandsaufenthalte1970 in Havanna ab. Vilma Espín de Castro, Ehefrau des heutigen Präsidenten Raúl Castro, holte sie zum kubanischen Frauenverband (FMC). Dort wurde sie zunächst als Sektorleiterin für internationale Beziehungen eingesetzt und gründete dann 1977 bei der Ständigen Kommission der Nationalversammlung die Nationale Arbeitsgruppe für Sexualerziehung zur Betreuung der Kinder und Jugendlichen sowie für die Gleichberechtigung der Frau.

Anfang der siebziger Jahre schossen nämlich gemeinsame, internatsähnliche Schulen für Mädchen und Jungen auf dem Lande wie Pilze aus dem Boden mit Lehrern, die darauf nicht vorbereitet waren. Jungen und Mädchen waren dort zwar in getrennten Schlafräumen untergebracht, doch diese schafften es immer wieder, sich nachts zu treffen. Die Zahl der Teenagerschwangerschaften, schon immer ein Problem, stieg nun noch weiter. Abtreibungen waren das bevorzugte Mittel der Familienplanung. Monika Krause hat dieses mit der Devise "Verhüten statt abtreiben" geändert. Da waren Sexualerziehung mit Beratung und Therapie sowie Familienplanung gefordert. Als staatliche Sexualaufklärerin hat sie die sexuelle Revolution in Kuba so ins Rollen gebracht.

Sich für das Recht der Frau auf ihren eigenen Körper und auch gegen die Ausgrenzung von Homosexuellen zu engagieren, erforderte zu der Zeit viel Mut. Obwohl im Auftrag der Regierenden im ganzen Land unterwegs, öffnete ihr das noch lange nicht alle Türen. Sie traf in Kuba auf eine Gesellschaft mit tradierten Gewohnheiten und Rollenbildern, besonders dem des „Macho“. Kuba ist Macho-Land. Männer haben Bedürfnisse und die Frauen haben zu gehorchen. Schwanger? Was geht das den Mann an? Soll das Mädchen doch zu seiner Mutter gehen!

Es mussten Fachkräfte ausgebildet und Beratungsstellen aufgebaut werden. Frau Krause bezog landesweit Mediziner, Pädagogen, Psychologen, Soziologen, Juristen und Journalisten in ihre Arbeit ein. Selber geht sie mit gutem Beispiel voran, als sie zu einer Sportschule in Havanna gerufen wird. Die Lehrer trauen es sich nicht zu, über Sexualität vor 200 Mädchen und Jungen zu sprechen und Aufklärungsunterricht zu geben. Sie ging mit einem Begleiter zu diesen Jugendlichen. Dazu las sie aus einem ihrer Bücher einige Textstellen vor. Man merkte ihr an, wie die Erinnerung an diese Szenen sie wieder einholte. Nebenbei beschrieb sie die armselige Lebenssituation der Kubaner, erzählte von deren Lebensfreude und sprach aber auch über Kuba als im Besitz der Castro-Familie befindlichen Staat, in dem selbständiges Denken unerwünscht sei.

So erfolgreich ihre Fernsehsendungen, Filme, Radiosendungen, Bücher auch waren, so wurde das oft nur hinter vorgehaltener Hand zugegeben. Beschwerden, Drohbriefe erreichten sie selten. Dafür gingen diese direkt an Fidel Castro, seinen Bruder Raúl und dessen Ehefrau Vilma Espín de Castro. Als sie auf Kuba auch über Homosexualität schrieb und sprach, überschritt sie deutlich eine Tabugrenze: Immer wieder wurde sie abgemahnt!

In den achtziger Jahren zeigte Monika Krause zum ersten Mal im kubanischen Fernsehen ein Kondom:„Das schlug ein wie eine Bombe.“ Was aber als Spottname gedacht war, wurde zu ihrem Markenzeichen: „La Reina del condón“, die Königin des Kondoms.

1983 wurde ihr an der Universität Rostock der Doktortitel verliehen. 1986 erhielt sie dann in Havanna als Professorin einen Lehrstuhl am Institut für Medizinische Wissenschaften. Ende 1990 kehrt sie mit ihren zwei Söhnen nach Deutschland zurück.

In der anschließenden kurzen Diskussion wollten die Schüler wissen, wie ihr damaliger Mann reagiert habe, ob sie wieder einmal in Kuba gewesen sei und warum sie Kuba so negativ beschreibe.

Ihre Ehe hielt die Belastungen und Spannungen nicht aus, sie trennten sich. Von Freunden und Verwandten auf der Insel weiß sie, dass die Verhältnisse dort im Wesentlichen unverändert sind. Über ihre Erlebnisse hat sie inzwischen zwei Bücher geschrieben. Nach Kuba ist sie bis heute nicht zurückgekehrt. Heute lebt sie mit ihrem zweiten Mann in Glücksburg.

Die Diskussion mit den Schülern, die ihr sichtlich Freude bereitete, musste aus Zeitgründen leider abgebrochen werden.

Im Internet (http://www.monika-krause-fuchs.de) und in ihren Büchern beschreibt sie ihren Kampf für die sexuelle Aufklärung in Kuba eindringlich. Wahrhaftig eine mutige Frau!

Ein Schweizer Dokumentarfilmteam hat „La reina del condón“ (Die Königin des Kondoms), einen Film über Leben und Wirken von M. Krause-Fuchs in Kuba gedreht. Der Film wurde zum 60. Internationalen Filmfestival von Locarno, August 2007, uraufgeführt und lief in Mai 2008 in Schweizer Kinos. Auf dem Festival für Dokumentarfilme in Barcelona erhielt er Mitte Oktober 2008 den ersten Preis (Aus: Webseite von Krause-Fuchs).

19. Januar 2012 Georg Panskus