Ausstellung in Kiel – KünstlerInnen gegen Fracking
11. September 2014

Man stelle sich vor, Bilder regten nicht nur den Betrachter zum Sprechen an, sondern könnten selber wirklich sprechen! Große Stille, Eiszeitkälte hätte man zunächst gespürt und dann nur noch Schreie.- Ächzen, Stöhnen, Wimmern, Klagen, Schluchzen, Grummeln, Donner hätten jedes Gespräch der mehr als 120 Interessierten erstickt. Dann aber hätten sie als Chor der Entrüsteten und nur scheinbar Ohnmächtigen wohl eingestimmt in das Klagelied der Erde mit der uns umgebenden Natur, die unser Leben bereichert und an der wir uns vor allem in unserer Freizeit und im Urlaub erfreuen wollen.

In den Fluren und einigen Arbeitsräumen, darunter das Sitzungszimmer der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, hängen ab nun an die 50 Kunstwerke von Frauke Petersen, Wolfgang Groß-Freytag, Erhard Schiel, Dieter Staacken, Karin Dreyer, Helga Hoppe, Karen Seggelke, Sibille Rehder, Karl Heinz Höppner, Werner Siems, Gisela Schmidt, Britta Eilering und Gene Mark. Es sind verschiedene Arten von Reliefs, Linoldrucke, Bilder in Öl, Mischtechnik, Tusche mit Aquarell und fotografische Arbeiten. So verschieden die Techniken auch sind, es eint sie das Thema: „KünstlerInnen gegen Fracking“ heißt diese sehenswerte Ausstellung im Kieler Landeshaus. Alle Künstler haben einen persönlichen Bezug zu Nordfriesland, die meisten von ihnen kommen aus Eiderstedt und gehören der Gruppe „KunstKlima“ an. Jazzloungemusik, von Alexander Wilken auf dem Saxophon vorgetragen, begleitete die Vernissage am Donnerstagabend.

JB-2014: Dr. Constance Wilken

Die Autorin und Kunsthistorikerin Dr. Constance Wilken aus St. Peter-Ording hatte die Initiative zu dieser Ausstellung ergriffen, die KünstlerInnen dafür motiviert und über Bettina Aust, der Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft Kultur der Grünen, diese Ausstellung in Kiel ermöglicht. Dafür dankte sie nach der Begrüßung durch Marlies Fritzen, Umwelt- und Naturschutz und Kulturpolitische Sprecherin, herzlich und erläuterte ihre Beweggründe so: „Nie werde ich den Anblick von Gas- und Ölbohrfeldern in Colorado und Texas vergessen und den bestialischen Gestank, als ich durch die zerstörte Landschaft zum Strand am Golf von Mexico gefahren bin. Ich saß da am Strand, schaute aufs Meer und konnte es nicht genießen. ... Und nun soll Fracking auch hier bei uns zugelassen werden?“ Sie stellte dann dar, warum die Auswirkungen von Fracking für Umwelt und Natur höchst dramatisch sind.

JB-2014:Dr. Silke Schneider

Dr. Silke Schneider, Staatssekretärin im Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, stellte in ihrem Fachvortrag politische Absichtserklärungen und Initiativen gegen Fracking seitens Kommunen und Landtag in Schleswig-Holstein sowie des Bundesrates vor, machte aber zugleich auch auf das antiquierte Bundesbergbaugesetz aufmerksam, welches eine Beteiligung der Öffentlichkeit ausschließt. Das Thema sei bedrückend, aber sie freue sich, dass sich Menschen für ein frackingfreies Schleswig-Holstein und über Deutschland hinaus für eine Welt ohne Fracking einsetzen. „Mit der Ausstellung hier setzen die Künstler ein Zeichen gegen Fracking. Es ist eine tolle Idee, auf diesem Wege zu mahnen und zu sensibilisieren.“

Constanze Wilken wandte sich dann den KünstlerInnen und ihren Werken zu. „Sie mahnen, erfreuen, rütteln auf und regen an und auf. Künstler sind Seismografen – feinfühlige Menschen, die auf vielfältige Weise mit bildnerischen Mitteln Inhalte transportieren und dem Betrachter nahe bringen.“- Von dem, was sie zu den Werken sagte, konnten sich die vielen Besucher selber überzeugen. Man stand und betrachtete sie, kam mit seinen Nachbarn ins Gespräch und sensibilisierte einander.- Im Sitzungsraum waren es vier Bilder in Öl auf Leinwand mit dem Titel „Fracking I bis IV“ von Wolfgang Groß-Freitag, denen man sich einfach nicht entziehen konnte: Erst ein unschuldiges Kindergesicht mit staunend offenem Mund, das sich verändert, bis es von Rissen zerstört nur noch traurig blickt und nichts mehr zu sagen vermag. Daneben drei Werke von Erhard Schiel, von denen „Superbia“ auf hintergründige Art den Hochmut der Menschheit zeigt, die ihre Kinder in giftigen Fluten ertrinken lässt. Auf den Fluren der Fraktion das bedrohende Bild „Gas-Strom“ in Mischtechnik von Gisela Schmidt und von Dieter Staacken „ES’SOS‘ ... funkte das Wattenmeer“ in Öl und Asfaltabdecklack oder von Sibille Rehder die Fotografie „Endzeit“ und von Karin Dreyer der Linoldruck „Blutende Erde“. Ihnen gegenüber die traumhaft schönen Naturaufnahmen von Gene Mark oder das Foto auf Leinwand „Eiszeit“ von Werner Siems, dieses bei aller farblichen Schönheit aber „eiseskalt“.

Dreizehn Kunstschaffende schärfen unseren Blick für Umwelt und Natur und machen uns bewusst, dass wir um unserer Kinder und um unserer selbst willen eine moralische Verpflichtung haben, diese zu schützen und zu erhalten und mit persönlichem Einsatz gegen Gewalt, Gier und rücksichtsloses Gewinnstreben zu verteidigen.- Es ist eine nachhaltig wirkende, beeindruckende Ausstellung. Dazu gibt es eine informative einfach gehaltene Broschüre und eine Liste aller ausgestellten Bilder.

Bis zum 11. November 2014 ist sie im Landeshaus, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Düsternbroker Weg 70 in Kiel zu sehen. Kontakt über Bettina Aust, Tel. 0431 - 988 1500 bzw. besttina.aust@gruene.ltsh.de