Ob als Motiv für Fotografen und Maler oder als Filmkulisse, die Pfahlbauten auf den weiten Sandbänken St. Peter-Ordings ziehen die Blicke magisch an. Die flachen Sandbänke und der Meereshorizont bieten nur wenige Ruhepunkte für die Augen und deshalb bleiben sie natürlich an den Bauten auf den hohen Pfählen haften.
Erich Duggen: „Strandleben in St. Peter-Ording“
Erich Duggen: „Strandleben in St. Peter-Ording“, 1984/88 auf Öl/Hartfaserplatte (122x150) Geschenk des Künstlers und seiner Ehefrau - Foto- G. Panskus - mit frdl. Genehmigung der gemeindl. Kunstsammlung z. Hd. Eckard Kloth - Foto: G. Panskus
Welch ein herrliches Sommerbild!
Blauer Himmel mit kleinen aufsteigenden und sich dann wieder rasch auflösenden Wolken. Ein nicht zu starker Wind, der für wehende Fahnen und kleinere Wellen sorgt. Eine kleine Badeinsel, ein Floß, weiter draußen, auf dem sich die Schwimmer ausruhen oder wieder mit neuem Elan ins Meer stürzen. Badende auf Luftmatratzen oder in Gummibooten, Jungen mit kleinen Segelbooten spielend, insgesamt ein buntes Gewimmel im Wasser! An der Flutkante sieht man die gestreiften Segel der Strandsegler und die hellen Strandkörbe, auch auf den Podesten.
Schon bis zu dieser Schilderung des Bildes wird deutlich, dass es sich nur um den Strand von St. Peter-Ording handeln kann, denn wo gibt es sonst Segeljachten auf dem Sand und Strandkörbe auf Podesten? Auch der Pfahlbau links im Bild, die Badeaufsicht, erkenntlich an dem roten Warnballon, weist unverkennbar auf unseren Strand hin. Rechts im Bild der schlichte Pfahlbau der Toilettenanlage. Links von der Mitte - im goldenen Schnitt etwa, der große, etwas überhöht dargestellte Pfahlbau der „Arche Noah“. Erkennbar durch den Aufsichts- und Aussichtsturm an seiner rechten Seite, den es damals ebenso wie die Badeinsel gab. Dann weit dahinter, aber dennoch gut sichtbar, die „modernen“ Neubauten des Bades.
Die langen, gekräuselten Drachenschwänze in der Luft bringen noch einmal zusätzliche Bewegung ins Bild. Hier wird der Sommer genossen. Hier möchte man am liebsten mitbaden! Schreie, Juchzer, die gegen die Badeinsel klatschenden Wellen, die knatternden Fähnchen kann man deutlich hören. Riechen Sie auch das salzige Nordseewasser, vermischt mit dem Duft nach Badeöl und Sonnencreme?
Erich Duggen: „Deichbaustelle Dorf“, 1957/58, Öl/Hartfaserplatte (90,5*101,5) und
„Deichbaustelle Bad“, 1952/87 Öl/Hartfaserplatte (90,5*101,5) -
Fotos: G. Panskus - mit Genehmigung der gemeindl. Kunstsammlung z. Hd. Eckard Kloth
Dieses mittlere Bild eines Triptychons mit dem Titel „St. Peter-Ording“ malte der 1910 geborene und 1989 verstorbene Kunsterzieher und Maler Erich Duggen aus St. Peter-Ording in den achtziger Jahren.
Er hat, stark verdichtet, die Badefreuden eines herrlichen, unbeschwerten Sommertages am Strandabschnitt Bad, dominiert von dem Pfahlbau „Arche Noah“, eingefangen. Das Bad war die größte Badestelle und in den fünfziger Jahren standen dort über 600 Strandkörbe! Es verkörperte für ihn das St. Peter-Ording für Gäste und jung gebliebene Einheimische.
Ebenso wie man beim Anblick der Pfahlbauten auch an die rauen Sturmfluten denken muss, so rückte Erich Duggen auf den beiden anderen Bildern seines Triptychons den Deichbau in den Vordergrund, der erst das unbekümmerte Leben und Schaffen dahinter ermöglicht. Zum einen ist die Deichbaustelle Dorf zu sehen, etwa auf Höhe der Deichüberfahrt zum Südstrand. Im Hintergrund ist der Böhler Leuchtturm zu erkennen ohne die inzwischen hoch gewachsenen Bäume, die ihn heute schon fast verdecken.
Zum anderen ist der Bau der Buhne im Bad auszumachen. Die alte Holzbrücke steht noch. Sie wurde zur selben Zeit, 1952, durch eine breitere Brücke auf Stahlbeton-Rammpfählen mit obenliegenden Betonplatten (Betonbrücke), die man gleich daneben baute, ersetzt. Gut zu erkennen ist die Teersiederei, denn der gesamte Deichabschnitt wurde mit Teer abgedeckt, Klei und Grassoden waren damals zu teuer.
Strände mit Pfahlbauten – eine einmalige Filmkulisse
Dass die Strände mit ihren Pfahlbauten eine einmalige Kulisse darstellen, sprach sich auch in Film- und Fernsehkreisen und in der Modefotografie herum. 1968 drehte der junge Jürgen Roland die Kriminalromanze, wie er den Film nannte, „Einer fehlt beim Kurkonzert“ unter anderem auch auf der Sandbank im Bad. Peter Putz in der Hauptrolle als Kommissar Klipp, Lale Andersen als seine Geliebte Agathe Brocksieben und Jana Novakova, der Jürgen Roland damals eine große Karriere voraussagte. Sie wurde drei Tage nach der letzten Synchronisation von ihrem Ehemann aus Eifersucht erschossen, eine makabre Parallele zu der Filmstory, in der Eifersucht auch ein wichtiges Motiv war. Ein erstochener Playboy hält nämlich Kommissar Klipp schwer in Atem. Gleich sieben Verdächtige stehen auf seiner Liste und eine davon ist seine eigene Geliebte. Als Kurarzt fungierte der damals bekannte Ralf Wolter (Er hatte den sympathischen Trapper Sam Hawkens, den treuen Begleiter der beiden Helden Winnetou (Pierre Brice) und Old Shatterhand (Lex Barker) gespielt.)
Zeitungsausschnitt 1968 -Bruno Penz; Foto: G. Panskus
„Oben: Leo Klipp (Hans Putz, li) und die knurrige Schwester (Hela Gruel) schaffen Dr. Eisenreich (Ulrich Beiger) zum Kurarzt.“
„Links: Gespannt beugen sich Jana (Jana Novakova) und Harald (Jürgen Draeger) über das kleine Mädchen, das beinahe in der See ertrunken wäre.“ - Der „behandelnde“ Bademeister ist Bruno Penz.
Als „Bademeister“ durfte der richtige Bademeister Bruno Penz mitspielen. Seine Rolle bestand aus einer Durchsage am Strand und einem Wiederbelebungsversuch. Damit Bruno Penz beim Wiederbelebungsversuch in das Bild der nah herangeführten Kamera passte, musste er seine Arme anwinkeln. Er protestierte: „So macht man das nicht! Was meine Kollegen dazu sagen werden, weiß ich jetzt schon.“ Es half nichts, die Szene wurde so gedreht, dass sie „reinpasste“. Später erhielt Bruno Penz prompt das passende Schreiben seiner DLRG-Kollegen aus Wilhelmshaven: „Du weißt ja noch nicht mal, wie…“
Georg Panskus